Bodo Völxen 06 - Warte nur ein Weilchen by Mischke Susanne

Bodo Völxen 06 - Warte nur ein Weilchen by Mischke Susanne

Autor:Mischke, Susanne [Mischke, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492973465
Herausgeber: Piper Verlag GmbH
veröffentlicht: 2019-03-17T00:00:00+00:00


Jule Wedekin ist in Gedanken immer noch bei dem unerquicklichen Gespräch mit ihrem Vater, als Völxen sie in sein Büro bittet. Sie ahnt, was er ihr zu sagen hat. Warum sonst sollte er auf einmal anfangen, ihr Honig ums Maul zu schmieren?

»Du warst bis jetzt eine sehr gute Ermittlerin, Jule, und weißt du auch, warum?«

Jule schweigt, denn er wird es ihr bestimmt gleich sagen.

»Weil du immer an allem gezweifelt hast. Was vordergründig und offensichtlich zu sein schien, hast du systematisch hinterfragt. So lange, bis es bewiesen war, dabei warst du gründlich und zäh wie ein Terrier.«

Sein Blick wandert bei diesen Worten hinüber zu Oscar, der in seinem Korb liegt und dezent schnarcht. »Aber jetzt, wo es dich persönlich betrifft, ist dir die Objektivität abhandengekommen. Das würde wahrscheinlich jedem von uns so gehen. Deshalb werden Angehörige ja von Ermittlungen ausgeschlossen. Ich hätte dir den Trauerkartenmord gern gelassen, aber da sich nun Übereinstimmungen ergeben haben, sehe ich mich gezwungen ...«

»Ich versteh schon«, unterbricht Jule das Gesülz. »Ich nehme mir bis Ende der Woche frei, ist das in Ordnung?«

Völxen versucht erst gar nicht, seine Erleichterung zu verbergen. Aufatmend antwortet er: »Glaub mir, es wird dir guttun. Du musst dich ja jetzt auch um viele andere Dinge kümmern.«

Ja, überlegt Jule zynisch, vielleicht nutze ich die Tage, um mir Hannovers Friedhöfe anzuschauen.

»Ich habe übrigens die Akte aus Hamburg angefordert«, hört sie Völxen sagen.

»Hamburg?«

»Den Unfall dieser Marina Feldmann, Mattais Lebensgefährtin. Ich sehe da auch ... jedenfalls ist es verdächtig, ich werde mir das mal genauer ansehen.«

»Gut«, sagt Jule. Sie sieht ein, dass Völxen nicht anders handeln kann, als sie zu suspendieren. Als Teamleiterin hat sie ohnehin gründlich versagt. Sie ist während der Dienstzeit Privatangelegenheiten nachgegangen, anstatt sich um den Fall zu kümmern. Und jetzt ist ein Mensch gestorben, der vielleicht noch leben könnte, wenn sie ihre Pflicht getan hätte. Sie fühlt sich wie ausgehöhlt, und es fällt ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.

So ganz scheint Völxen ihr jedoch nicht über den Weg zu trauen, denn jetzt mustern seine grauen Augen sie eindringlich, und er sagt: »Bitte versprich mir, dass du nicht auf eigene Faust ermittelst.«

»Ich verspreche es. Würdet ihr mir trotzdem Bescheid sagen, wenn es neue Erkenntnisse gibt?«

»Das mache ich«, sagt Völxen und wiederholt: »Ich mache es. Bring Fernando nicht in Schwierigkeiten. Und was Mattai angeht – er ist noch immer ein Verdächtiger, es wäre besser, wenn du ihn nicht siehst.«

»Nichts liegt mir ferner, glaub mir.«

Sie steht auf, verlässt das Büro und geht wenig später die Waterloostraße entlang in Richtung U-Bahn. Es fühlt sich an, als schleppe sie ein schweres Gewicht mit sich herum. Sie will nur noch nach Hause, die Füße hochlegen. Fernando kommt ihr auf seinem Motorrad entgegen. Er hält an, drosselt den Motor und nimmt den Helm ab.

Ganz automatisch fragt Jule: »Und? Was ist bei den Schreibmaschinen rausgekommen?«

Er holt tief Atem. »Bitte, Jule, versteh doch. Ich darf dir das nicht sagen.«

Mein Gott, wie kleinkariert und autoritätshörig kann man eigentlich sein, hat dieser Kerl denn gar keine Eier? Die Trägheit von eben fällt von ihr ab, der ganze Frust, den dieser Tag für sie bereithielt, bricht sich mit einem Mal Bahn.



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